Thomas Metzinger:
Bewusstseinskultur
Verlag Berlin, 2023 (1. Auflage)
EUR 22,00

Thomas Metzinger, Autor des Bestsellers Der Ego-Tunnel, hat ein neues Buch mit dem Titel Bewusstseinskultur herausgegeben. Metzinger gilt als einer der weltweit profiliertesten Philosophen der Kognitionswissenschaften und ist Mitglied der EU-Expertengruppe für künstliche Intelligenz. Er hat u. a. intensiv mit der Bewusstseinsforschung und Bewusstseinszuständen auseinandergesetzt und praktiziert seit über 40 Jahren Meditation.

Selbstachtung erhalten über Bewusstseinskultur

In seinem Buch sucht er Antworten auf die Frage, wie wir unsere Selbstachtung bewahren angesichts einer globalen Entwicklung, in der die Menschheit immer massiver mit den Neben- und Fernwirkungen ihres Handelns konfrontiert wird.

Eines der Kapitel beginnt mit markigen Worten: „Wir müssen uns ehrlich machen: Die planetare Krise rollt, die Klimakatastrophe ist in vollem Gange.“ Dazu brauche es Selbsterkenntnis, eine neue Phase der gesellschaftlichen Aufklärung sowie ein neues Verständnis von säkularer, von Selbsttäuschungen befreiter Spiritualität anstelle einer Religion.

Optimismus ist keine Option mehr

Metzinger ist davon überzeugt, dass Optimismus keine Option mehr sein wird. Deshalb rechnet er schon bald mit einem „Panikpunkt“. Das wird bedeuten, dass die Mehrheit realisiert, dass der Klimawandel real und praktisch nicht mehr aufzuhalten ist. Somit wird es zu globalen sozialen Verwerfungen kommen. Erst eine Bewusstseinskultur mit rationaler Zentriertheit und Mitgefühl mit allem Leben würde es uns ermöglichen, die großen aktuellen Weltentwicklungen zu ertragen. Dazu zählen für ihn der „ökologische oder politische Kollaps“ oder das „Schlafwandeln in die Ära der künstlichen Intelligenz und es postbiotischen Bewusstseins“. Metzingers Ziel-Bewusstheit erinnert mich stark an die späten Entwicklungsstufen der Ich-Entwicklung.

 Ausgehend von dieser Überzeugung entfaltet Metzinger eine schlüssig erscheinende Argumentation. Er fordert eine Bewusstseinskultur, die am Ende auf gesellschaftlicher Ebene den Ausstieg aus dem Wachstumsmodell ermöglicht. Bewusstseinskultur besteht für ihn aus drei Elementen:

  • dem Einnehmen einer ethischen Haltung gegenüber sich selbst,
  • der systematischen Kultivierung von als wertvoll eingestuften Bewusstseinszuständen wie etwa Achtsamkeit oder Meditation sowie
  • einer aktiven Einbettung solcher Bewusstseinszustände in Kultur und Gesellschaft.

Machen wir uns ehrlich!

Von zentraler Bedeutung für Metzingers Spiritualitätsverständnis ist das ethische Prinzip der „intellektuellen Redlichkeit“, wie er es nennt. Das bedeutet, dass wir uns weigern sollten, uns selbst in die Tasche zu lügen. Intellektuelle Redlichkeit ist für ihn eine Tugend, die mit Werten wie Integrität und Aufrichtigkeit in Zusammenhang steht und damit mit einer Form „inneren Anstands“.

Insgesamt ein mit großer Klarheit und Ehrlichkeit geschriebenes markantes Buch, das nachdenklich macht und gleichzeitig einen Weg aufzeigt, das (er)tragen zu lernen, was auf uns zukommt.

Bewertung

  • Ein stark geschriebenes Buch, das innere Einkehr fordert, um äußere Veränderungen zu bewältigen
  • Ausführungen adressieren die geistige wie auch die emotionale Entwicklung von uns Menschen
  • Es bleibt unklar, wie die “neue Aufklärung” und Bewusstseinskultur gesellschaftlich etabliert werden sollen
  • Das Buch fällt wohl nur bei denjenigen auf fruchtbaren Boden, die sich bereits in Bewusstheit üben

Über den Autor

Michael Schwartz leitet das Institut für integrale Lebens-und Arbeitspraxis (ilea) in Esslingen. Der Diplom-Physiker arbeitete vor seiner Beratertätigkeit zwei Jahrzehnte als Führungskraft und Projektmanager in der Software-Industrie. Weitere Informationen über Michael Schwartz