Was sind bullshit jobs?

Eine Sache gleich vorweg: Entgegen den Vorstellungen, die Ihnen vielleicht bei dem Wort „bullshit job“ kommen, geht es hier nicht um per se schlecht bezahlte Jobs oder um harte körperliche Arbeit, das, was früher charmant „Drecksarbeit“ genannt wurde. Wie David Graeber in seinem neuen Buch „Effizienz ist ein Mythos“ beschreibt, geht es bei den bullshit jobs um moderne, häufig sogar gut bezahlte Arbeitsplätze. Die Tätigkeitsprofile dieser Arbeitsplätze sind allerdings so sinnentleert, dass es den Menschen, die darin arbeiten, nicht gelingt, einen intrinsischen Bezug zu ihrer Tätigkeit aufzubauen. Sie empfinden ihre Tätigkeit als nicht sinnvoll.

Jobbezeichnungen sind oft nicht sinnvoll

Harry Frankfurt hat in seiner Untersuchung „On bullshit“[1] klargemacht, was bullshit eigentlich ist. Dabei kommt er zum Schluss, dass bullshit meistens dann entsteht, wenn Menschen einen Anlass bekommen oder dazu gezwungen werden, über etwas zu reden, von dem sie nicht genug Ahnung haben. Daher verstecken sich die bullshit jobs häufig hinter besonders elaborierten Bezeichnungen für die Stelle. Wenn Sie sich unter der Bezeichnung der Arbeit schon nichts (oder alles Mögliche, was dasselbe ist) vorstellen können, ist das ein Indiz dafür, dass die Tätigkeit, die dahintersteckt, nicht sinnvoll ist. Die Komplexität der Wirtschafts- und Arbeitswelt wächst stetig, weil die Arbeitsteilung immer feingliedriger wird. Das schlägt sich vermehrt in entsprechenden Bezeichnungen für die Stellen nieder. Rationalisierung kennt nur eine Richtung: Die funkionale Aufteilung.

Am ilea-Institut wollen wir solchen Tendenzen entgegenwirken. Anstatt die Arbeit weiter zu zergliedern, treten wir für die Integration von Mensch und Tätigkeit ein. Sinn kann sich nur entfalten, wo Menschen sich aufgehoben fühlen und Selbstwirksamkeit erfahren. Das Profil vieler Tätigkeiten ist so bürokratisiert und/oder von routinierten Wiederholungen geprägt, dass die Akteure in dem, was sie da machen, einfach nicht sinnvoll erscheint. Die Bürokratisierung sorgt auch dafür, dass Berufe, die das Potenzial zur Sinnentfaltung haben, zur Arbeit ohne Sinn werden, weil Akteure zu viel Zeit für standardisierte Vorgänge wie etwa das Ausfüllen von Formularen verwenden. Herr Graeber zitiert das Beispiel eines IT-Logistikers bei der Bundeswehr, der zweimal die Woche hunderte Kilometer zu einer Kaserne fährt, um da die Genehmigung für das Umstellen eines Computers zu erteilen.

Durch intrinsische Motivation sinnvoll arbeiten

Was wollen wir gegen solche Tendenzen unternehmen? Die Lösung ist: Menschen einen (Sinn-) Zusammenhang bei der Arbeit vermitteln. Denn die innere Leere, die entsteht, wenn man einfach nicht weiß, was das Ganze (!) soll, bedeutet den Mangel, die Tätigkeit in einem größeren Zusammenhang zu verorten. Sie erscheint dann zwangsläufig als Arbeit ohne Sinn. Unternehmen müssen Werteorientierung vermitteln, denn in der Profitsteigerung allein liegt kein Sinn. Sinnstiftung bedeutet eine Integration von Leben und Arbeit. Nun sind Menschen individuell unterschiedlich; dem einen sind andere Dinge wichtig als dem Anderen. Wir berücksichtigen diese Individualität, indem wir, beispielsweise mit der MotivStrukturAnalyse MSA®, die individuellen intrinsischen Motivationsprofile von Führungskräften und ihren Mitarbeitern bewusst machen. Darüber gelingt es, eine gute Passung zwischen Mensch und Arbeit herzustellen, die einen Sinnkontext liefern kann. Damit verhindern wir, dass noch mehr Arbeit ohne Sinn entsteht. Vor allem aber auch, dass Tätigkeiten, die noch kein bullshit sind, zu solchen werden.

 


[1] Harry G. Frankfurt: On Bullshit. Princeton University Press, Princeton, NJ 2005.

 

 

Über den Autor

Michael Schwartz leitet das Institut für integrale Lebens-und Arbeitspraxis (ilea) in Esslingen. Der Diplom-Physiker arbeitete vor seiner Beratertätigkeit zwei Jahrzehnte als Führungskraft und Projektmanager in der Software-Industrie. Weitere Informationen über Michael Schwartz